Dsching … Dsching … Dschingis Khan

Angekommen in Ulan Bator stellen wir ersteinmal fest, dass sich die Menschen um uns herum im Vergleich zu Russland doch stark verändert haben. Nicht nur, dass hier alle schon viel asiatischer aussehen (wobei die Burjaten in Russland für unser Verständnis eigentlich auch schon asiatisch aussehen), auch scheinen sie irgendwie offener zu sein und sich richtig zu freuen, westliche Gesichter zu sehen.

Wir werden viel angelächelt, angewunken, Kinder drehen sich nach uns um. Und (irgendwie neu für uns), wir werden aktiv angesprochen – ob uns weitergeholfen werden kann und wo wir denn hin wollen (auf Englisch!) – 2 Mädels Anfang 20 assistieren direkt, um dem Taxi Fahrer das korrekte Ziel mitzuteilen. Gar nicht so einfach, da das stadtinterne Addresierungssystem (System ist fast übertrieben) nicht nur Fremde vor Herausforderungen stellt. Aber zum Glück steht eine Telefonnummer dabei. Es werden einige Worte auf Mongolisch gewechelt, bis uns hinterergerufen wird: Byebye & Enjoy our country: Mongolia!

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Das Auffinden des Hostels ging dann aber doch länger als gedacht. Wir stellen relativ schnell fest, dass diese Stadt das reinste Chaos ist. Nicht nur verkehrstechnisch: Hier kennt keiner das Wort „Rücksicht“, „Vorfahrt gewähren“, oder Linksverkehr, nein. Oft steht einfach alles still, da keiner einsieht, den anderen durchzulassen. Unfassbar. Ist die Stadt doch auch erst in den 60er Jahren entstanden, so ist sie absolut nicht für das Verkehrsaufkommen ausgelegt, geschweige denn einigermaßen strukturiert angelegt worden. Das Straßen- und Adress-System ist scheinbar planlos. Daher hängen auch alle Mongolen ständig am Handy: Man muss sich alles beschreiben lassen und sich zu jedem Punkt lotsen lassen – ansonsten ist man einfach verloren in Ulan Bator. Ob es hier Briefträger gibt, die sich auskennen? Die Taxifahrer haben somit wohl den härtesten Job der Stadt.

Fast die Hälfte aller Mongolen leben in dieser Stadt (ca. 1,1 Millionen) – der Rest ist über das ganze Land verteilt (ca.   8 mal so groß wie Deutschland). Wir hatten das Glück kurz vor dem Nadaam Festival in die Stadt zu kommen – gefühlt sind jetzt 2/3 aller Mongolen in und um Ulan Bator. Immerhin werden wir auch Zeuge von vielen wunderschön traditionell gekleideten Menschen, die sich auf diese Feiertage freuen.

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Von der Stadt sehen wir uns erst einmal nicht so viel an. Vielmehr lassen wir es uns ersteinmal gut gehen. Duschen, Ausschlafen und dann langsam die Mongolische Küche ausprobieren. Schmeckt sehr gut finden wir – auch wenn wir bei einem längeren Aufenthalt sicherlich das ein oder andere Kilo zunehmen würden. Es gibt sehr viel Suppe, oft Fleischbrühe mit Fleischbällchen (Lamm), Buzz (kleine Maultaschen mit Fleischfüllung), Kartoffeln und Nudeln (eher Spätzle), sowie gerne noch einem extra Fettstreifen. Wirklich sehr nahhaft, aber lecker und hält einen wirklich lange satt. Sehr gut sind auch fritierte große Teigtaschen, gefüllt mit Rind- oder Lamm-Fleisch. Ganz zu schweigen von richtig leckerem Gegrilltem…

Gut gestärkt fühlen wir uns langsam wieder in der Lage über unsere weitere Routenplanung nachzudenken. Um auch die ländliche Seite der Mongolei kennen zu lernen, beschließen wir 4 Tage mit dem Motorrad raus zu fahren. Wir treffen  Checke, eine sehr liebe Mongolin, die Jochen schon vor ein paar Tagen kontaktiert hatte. Sie ist mehr als hilfsbereit und hat eine tolle Route im Kopf, so dass wir bestens vorbereitet Richtung „Kleine Gobi“ losziehen können.

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Die Luft riecht nach Freiheit und sobald wir die mongolische Steppe erreichen irgendwie (kein Witz) auch nach Thymian. WIr machen uns früh morgens auf den Weg und beladen unser Pferd. Ein chinesischer Mustang der mindestens so stark ist wie 15 gewöhnliche Pferde.

Mit dem Notwendigsten und einem Zelt ausgestattet, fühlen wir uns schon ein bisschen wie mongolische Nomaden: Wir  werden die 4 Tage auch nicht sesshaft sein und auch die 3 Nächte in einem „Ger“ (Zelt, eigentlich großes weißes Zelt-Haus der mongolischen Nomaden, Jurte) übernachten. Ein richtig tolles Gefühl. Total unabhängig durch wunderschöne, sich ständig wandelnde Landschaften zu „reiten“. Mittags irgendwo am Straßenrand einen Imbiss aufsuchen, nahhaftes mongolisches Essen zu sich zu nehmen, weiter reiten – wo es schön ist anhalten und einfach den Ausblick, die Sonne und den Steppenwind genießen.

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Immerhin wird es auch auf den teils sehr langen, geraden Streckenabschnitten nie langweilig: Entweder sind geschickt einige Schlaglöcher auf dem Weg plaziert (manche eigenen sich nach einem Regenschauer sicherlich für ein wadentiefes Fußbad) oder aber die Straße wird gesperrt um genau solche Abschnitte wieder aufzubessern. Es werden dann einfach einige Erdhaufen als Barrieren aufgetürmt und initial ein Alternativweg angeboten. Da aber in der Steppe mit dem richtigen Gefährt (Geländewagen, Bus, Motorrad, Pferd) eigentlich fast alles befahrbar ist und die angebotene Umleitung bald je nach Wetter nur noch schlecht befahrbar ist, entstehen so kreative Neuschöpfungen von Umleitungsmöglichkeiten. Herrlich und richtig abwechslungsreich, so immer den optimalen Weg herauszufinden. Mit dem Motorad aber auch gut machbar: Direkt durch die oft menschleere Baustelle, und die neidvollen Blicke der Busreisenden auf sich ziehen, die gerade auf der Matsch-Umleitung ordentlich durchgeschüttelt werden 🙂 .

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Abends haben wir dann immer noch einen kleinen Markt aufgesucht und unser Abendessen plus 2 Dosen Bier gekauft, einen schönen Platz für unser „Ger“ gesucht, Zelt aufgestellt und den Sonnenuntergang bei Vesper und Bier genossen. Die Mongolei wird Abends in ein fantastisches, sehr warmes Licht gehüllt!

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Zugegebenermaßen ist wild campen sehr romantisch und in der Mongolei überall möglich, doch nachts gibt es auch viele unbekannte Geräusche die einen nicht das Gefühl der 100%igen Sicherheit geben. Befolgt man den Rat von Checke: Campe am besten in der Nähe der Nomaden, ihr Hund passt gerne mit auf euch auf, sowie weit weg von der Straße – hat man nicht nur sichere Schlafplätze, sondern auch wunderschöne Schlafplätze! Und nicht nur wir sind interessiert am Nomadenleben – auch die Nomaden scheinbar an unserem. Morgens kam oftmals der ein oder andere Nomade vorbeigeritten (zu Pferd oder auch mal zu Motorrad) um uns zu begrüßen und einen neugierigen Blick auf unseren Lagerplatz zu werfen, warscheinlich entspricht dieser nicht ganz mogngolischem Standard, die Nomaden sind ja quasi Profi Camper der alten Schule – richtig nett zumindest. Ganz zu schweigen davon, dass wir auch mehrfach inmitten einer Pferde-, Kuh-, Yak- oder Ziegen-Herde aufwacht sind. Unbezahlbare Erlebnisse!

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SAM_9253-2Nach 6 Nächten in der Mongolei müssen wir wieder aufbrechen. Am 11. Juli geht morgens um 7.15 unser Zug (dieses mal nur 38 Stunden) nach Peking. Sehr schade, denn um so ein tolles aber auch sehr großes Land zu erkunden, wären eindeutig mehr als 6 Tage sinnvoll gewesen. Aber ja, wir hatten eine sehr tolle Zeit, gutes Wetter, tolle Erlebnisse und nette Begegnungen… und am Ende sogar noch ein bisschen Nervenkitzel: Denn im chaotischen Ulan Bator sollten wir noch unsere Zugtickets abholen – ein Ding der Unmöglichkeit. Selbst mit einer Karte der Lage des Reisebüros, war es auch nach ca. 2 Stunden des Suchens und Befragens von Passanten nicht möglich dieses Büro zu finden. Checke hat uns hier nochmal herzlich assistiert, angerufen und dann haben wir einfach vereinbart, dass die Tickets zu uns ins Hostel gebracht werden. Geschafft.

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Dank Nadaam-Festival-Straßenverkehschaos benötigte der Lieferservice für unsere Tickets allerdings mehrere Stunden (!!!) Sodass wir auf glühenden Kohlen im Hostel saßen und bis 11 Stunden vor Abfahrt noch keine Tickets in der Hand hatten. Aber auch hier gab es ein Happy End und so kann die Reise nach Peking morgen früh beginnen. Unfassbar, aber wir freuen uns wirklich darauf endlich mal wieder Zug zu fahren 🙂

 

Angekommen in Ulan Bator stellen wir ersteinmal fest, dass sich die Menschen um uns herum im Vergleich zu Russland doch stark verändert haben. Nicht nur, dass hier alle schon viel asiatischer aussehen (wobei die Burjaten in Russland für unser Verständnis eigentlich auch schon asiatisch aussehen), auch scheinen sie irgendwie offener zu sein und sich richtig…

3 Comments

  1. Sitzen vorm PC und sind einfach nur fasziniert von der Landschaft, den Geschichten aber auch eurem Abenteuermut. Mögen euch auch weiterhin alle Götter freundlich gesinnt sein.

    Grüße aus der ferner Heimat
    Martin und Nicole

  2. WOW!!! Ihr habt für euch das absolut richtige Abenteuer gefunden! Freuen uns sehr für euch + danke für die genialen Eindrücke (Fotos, Berichte, Videos)

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