Vor uns stehen 16 eifrige Schüler die gespannt auf ihr Zertifikat warten. 30 Unterrichtseinheiten „Free and Open Source Software Basic Course“ haben wir gemeinsam durchgeführt. Die talentierten unter ihnen, sowie diejenigen aus sozial schwächeren Familien sollen im Anschluss an die Zeremonie ihren Schulbeitrag zurück bekommen. Umgerechnet 75 Cent, sowie ein Motivationsschreiben waren zu Beginn eingesammelt worden. Inzwischen neigt sich unsere Zeit im Silicon Village langsam aber sicher dem Ende entgegen.
Wir können auf eine ereignisreiche Zeit zurückblicken. Die Augen durch den Raum schweifen lassend können wir eigentlich stolz auf uns sein. Wir stehen in einem Klassenzimmer, das nach dem Low Energy Konzept aufgebaut ist. Geringer Stromverbrauch, möglichst niedrige Anschaffungskosten und einfache Wartung waren die Anforderungen, die es damit zu erfüllen galt. So kann inzwischen auch im Batteriebetrieb bis zu 7 Stunden pro Tag unterrichtet werden.
Es steckt viel Herzblut in diesem Projekt. Nicht nur unser eigenes, auch das unseres nepalesischen Projektpartners. Umso unverständlicher ist es immer noch für uns, dass die Zusammenarbeit sehr schwierig war.
Hierarchien innerhalb von Organisationen sind vielerorts üblich und sinnvoll – so auch in Nepal. Hier vielleicht etwas strikter ausgelegt als in einigen modernen Unternehmen, aber im Grunde ein wirksames Mittel zur Realisierung von Projekten.
Neu war für uns allerdings, dass wir trotz großer Vorarbeit von Konzeption bis Fundraising, uns auf einmal auf sehr niedriger Stufe wieder fanden. Das zeigte sich vor allem im Umgang miteinander, wie z.B. dem Informationsfluss, der oft nur auf aktive Nachfrage stattfand. Wir fühlten uns doch aber mindestens genau so verantwortlich für ein erfolgreiches Umsetzen des Projektes wie die lokale Organisation. Nun gut, dachten wir, die Akzeptanz vor Ort sollte nicht darunter leiden wer jetzt welche Position inne hat. Also gemeinsam Ärmel hochkrempeln und weiter geht’s.
Des öfteren bekommen wir jedoch zu hören, dass wir froh sein müssen hier arbeiten zu dürfen. Es soll Leute geben die für so eine Stelle sogar viel Geld bezahlen würden?! Und tatsächlich lernen wir auch diese Form des Projekttourismus kennen: Für ein paar tausend Euro kann man sich die Mitarbeit in sozialen Projekten in Nepal wie im Reisebüro erkaufen. Leider teilen wir uns mit den „gekauften“ Helfern die identische Berufsbezeichnung: Volunteers (Freiwillige). Es scheint sich darum herum ein richtiges Geschäft gebildet zu haben. Sehr traurig anzusehen, wie sich Hilfsorganisationen vor Ort nicht nur mit den jeweiligen Problemen auseinandersetzen müssen, sondern auch mit Korruption, die durch solche Gelder mit entsteht.
Glücklicherweise haben wir bei unserem Projektpartner nicht das Gefühl, dass Gelder veruntreut werden. Nicht desto trotz bleibt die Zusammenarbeit schwierig. Vieles im Laufe der Zeit empfanden wir als unnötige Hürde, teilweise wurde künstlich Druck aufgebaut nur, um zu testen ob wir aufgeben würden. Aber warum?
Diese Frage wird unbeantwortet bleiben. Unser Ansporn waren nach wie vor die Schüler, die durch dieses Projekt nun eine Chance erhalten haben, die noch vor 4 Monaten nicht vorhanden war. Und wir hatten viel Spaß daran mit zu erleben, wie sie sich täglich verbesserten. Hinzu kam, dass der Unterricht in einer Fremdsprache stattfand und plötzlich gar nichts mit dem üblichen Auswendig-Lernen zu tun hatte. Als bei einer anonymen Umfrage später auch überwiegend die Unterrichtsmethoden gelobt wurden, können wir uns sicher sein, dass wir zumindest in einem kleinen Kreis etwas bewirkt haben. Gegen Mitte des Kurses waren unsere Schüler schon in der Lage sich gegenseitig zu helfen und gegen Ende trauten sie sich sogar daran, Dinge selbst auszuprobieren. Undenkbar zu Beginn.
Der Moment der Zertifikatsübergabe rückt näher. Es wird eine Kerze entzündet und der ganze Raum erhebt sich um die nepalesische Nationalhymne zu singen. Es werden Blumenkränze vorbereitet, Reden gehalten und die geladenen Gäste geehrt. Jeder Schüler wird einzeln beim Namen aufgerufen und feierlich mit Blumen beschmückt, das Zertifikat übergeben und Tika (einen roten Punkt)auf die Stirn gedrückt. Nachdem wir gesehen haben, wie das mit dem Ehren funktioniert, dürfen wir nun die verbleibenden Schüler zu ihren Abschluss ehren.
Eine sehr intensives Kapitel geht zu Ende. Wir konnten viel weitergeben, haben aber auch viel dabei gelernt. Eine gute Portion interkulturelles Feingefühl und ein dickes Fell waren dafür notwendig. Den weiteren Schulbetrieb werden nun die Tutoren übernehmen, die wir ebenfalls speziell dafür ausgebildet haben. Wir wünschen dem Silicon Village Computer Center alles gute für die Zukunft.

Schreibe einen Kommentar